Vier Jahre lang nahm unsere Schule am Schulversuch „Kompass“ des Bildungspakts Bayern und des Kultusministeriums teil. Die Ideen, die die Lernkultur der teilnehmenden Realschulen grundlegend verändern sollten, haben viel in den Köpfen und Klassen bewegt. Und sie tun es immer noch.

An unserer Schule sind vor allem die Klassenleiter der fünften und sechsten Jahrgangsstufe in das Stärken fördernde Unterrichtskonzept eingebunden. Herr Schinwald, Kompass-Koordinator unserer Schule, sieht auch für die Zukunft viele Möglichkeiten das Konzept „Kompetenz aus Stärke und Selbstvertrauen“ in den Unterrichtsalltag zu integrieren.

 

Von 2007 bis 2011 nahm unsere Schule am „Kompass“-Modellversuch teil. Was war Ziel des Schulversuchs?

Die Kernidee lautete: Weg von der Fehlerkultur und hin zu einem Lernansatz, der die Stärken des Einzelnen in Augenschein nimmt und die individuelle Förderung der Schüler in den Mittelpunkt stellt. Lehrkräfte und Lernende sollten einen neuen Zugang zur Verbesserung ihrer Leistung finden. Es sollte mehr Aufmerksamkeit auf die Wertschätzung des Lernenden, auf seine Begabung und sein vorhandenes Wissen gelegt werden.

Wege zu einer veränderten Lernkultur hatte man sich auf die Fahnen geschrieben. Hat sich die tatsächlich verändert?

Es ist wie so oft im Leben, man kann sich einem Ideal annähern, es bleibt immer etwas auf der Strecke. In den Köpfen vieler Lehrkräfte hat sich einiges bewegt, viele Anregungen und Ideen sind umgesetzt worden, wie das Sozialtraining, die Portfolioarbeit oder Lions Quest. Wir haben das Fach „Persönlichkeitsentwicklung“ eingeführt, das die Entwicklung jedes Einzelnen im Auge hat. Ich achte in meinem Unterricht darauf, dass jeder individuell, aber auch an seinen Schwächen, arbeitet.

Persönlichkeitsentwicklung im Stundenplan …?

Um das Ganze überschaubar zu gestalten und geplant durchführen zu können, haben wir das Fach eingerichtet und einen eigenen Lehrplan dafür entworfen. Der berücksichtigt die Arbeitsbereiche Sozial-, Lern- und Selbstkompetenz gleichermaßen. Zur Sozialkompetenz gehört neben der Kommunikations- und Teamfähigkeit auch die Übernahme von Verantwortung, die Konfliktfähigkeit und das Erstellen von Verhaltensregeln.

Ein Bündel an Kompetenzen …

… durch eine verbesserte Selbstkompetenz soll es den Schülern erleichtert werden, eigene Fähigkeiten und Stärken kennen zu lernen und sie situationsgerecht einzusetzen. Gefühle erkennen und artikulieren, Kreativität entfalten und Selbstachtung aufbauen steht dabei neben der Entwicklung von Frustrationstoleranz und Selbstdisziplin im Vordergrund. Die Lernkompetenz umfasst die Methoden- und Medienkompetenz, die man heutzutage  überall benötigt.

Welche Klassen profitieren von den „Kompass“-Stunden?

Die Klassen der 5. und 6. Jahrgangsstufe haben eine Stunde in der Woche. In den höheren Jahrgängen können die Lehrkräfte die regelmäßig stattfindende Klassenleiterstunde für solche Dinge nutzen.

„Lions Quest“ spielt hier eine wichtige Rolle.

Viele Bereiche des Stoffverteilungsplans lassen gut auf das Lions-Quest-Programm abstimmen. Der Ordner „Erwachsen werden“ richtet sich an die Schüler der 5. - 7. Jahrgänge. Stärkung des Selbstvertrauens, mit Gefühlen umgehen, die Beziehung zu meinen Freunden, mein Zuhause oder ich weiß was ich will sind einige der Themenkreise, die behandelt werden.

Diesbezüglich entstand auch eine Kooperation mit der PH Freiburg.

Jeweils zwei Klassen aus dem 8. und 9. Jahrgang haben sich im letzten Schuljahr daran beteiligt, je eine als Interventionsklasse und eine als Kontrollklasse. Ich erhielt die Stundenvorschläge und habe die Stunden soweit vorbereitet, dass die Kollegen sie ohne größeren Aufwand abhalten konnten. Mittels verschiedener Fragebögen und Beobachtungen durch die Lehrkräfte konnten wir Ergebnisse ermitteln, die dann an die PH Freiburg geschickt wurden.

Wie wird’s in den nächsten Jahren weitergehen?

Im Moment erfahren wir seitens des Ministeriums, unserer Schulleitung und auch der Elternschaft breite Unterstützung für unser Konzept, das auch von anderen Schulen aufgegriffen wird. Wir würden natürlich begrüßen, wenn alles so weiterliefe, wissen aber auch um die Abhängigkeit von übergeordneten schulpolitischen Entscheidungen.

J. Vesper