„Was nix kostet, is´ nix“, bedient sich der Volksmund gern eines Zitats, das ursprünglich von Albert Einstein stammt. Widerlegt wurde der Aphorismus des Nobelpreisträgers am letzten Donnerstag in der Aula unserer Schule. Dort nämlich war in den frühen Abendstunden Victoria Stübener zu Gast, die zweieinhalb Stunden lang für die Eltern unserer Schüler zum Thema „Das Lernen lernen“ informativ und unterhaltsam referierte – und das zum Nulltarif.
Als sich vor einigen Jahren der bekannte Erziehungsberater und erfolgreiche Buchautor Jan Uwe Rogge, Deutschlands zu einem Vortragsabend an unserer Schule einfand, ließ er sich den Trip aus seiner norddeutschen Heimat in den Süden der Republik mit einem stattlichen Honorar entlohnen, Originalität und Unterhaltungswert haben ihren Preis.
Ohne Honorarforderungen reiste Victoria Stübener auf Einladung des Schulelternbeirats aus dem Erdinger Umland an und ließ in ihrem vom Hauptstadt-Dialekt, auch Berliner Schnauze genannt, durchsetzten Ausführungen gleich erkennen, dass ihr das Thema janz von Herzen kommt. Ihr Enthusiasmus für die Pädagogik sprach aus ihren Sätzen, die sie in hohem Tempo aneinanderreihte, um bloß keine Zeit zu verlieren. Das Auditorium ließ sie an ihrem großen Erfahrungsschatz umfassend teilhaben.
Viele Eltern dürften selbst wieder Lust aufs Lernen bekommen haben. Für den gemeinnützigen Berliner Verein „LVB Lernen e. V.“ ist sie regelmäßig im Einsatz. Der hat sich der Förderung von Bildung verschrieben, agiert deutschlandweit und hat sich die Themen Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit auf die Fahnen geschrieben. Möglichst allen Kindern und Jugendlichen sollen Wege mit gleichen Chancen in unseren Bildungseinrichtungen geebnet werden, ein Ziel, von dem man hierzulande laut Pisa noch weit entfernt ist.
„Lernen darf ganz leicht gehen und auch Spaß machen“, so die Referentin, die im Landkreis Erding eine Praxis für Lernberatung betreibt. „Hier gebe ich mein Herzblut und meine Begeisterung für das Lernen an meine jungen Klienten weiter.“ Im Zusammenhang mit ihrem Studium zur Bankfachwirtin habe sie sich erstmals mit verschiedenen Lernmethoden auseinandergesetzt und auf diesem Weg ihre pädagogische Ader entdeckt.
Als Lerncoach agiert sie, die Leinwand im Rücken, nicht auf, sondern vor der Bühne, nicht von oben herab, sondern immer auf Augenhöhe mit ihren Zuhörern. „Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück.“, bemüht sie gleich zu Beginn ein Zitat des Laozi. Dank der neuesten Erkenntnisse der Hirnforschung und Lernpsychologie weiß man zweieinhalbtausend Jahre nach dem legendären chinesischen Philosophen heutzutage sehr viel mehr über die Vorgänge in Kopf und Körper des Menschen, wenn er sich anschickt, Lernprozesse in Gang setzt. „Null-Bock-Phasen“ erfolgreich überwinden, Motivation, Lernmethodik, Hausaufgaben, die richtige Kommunikation zwischen Eltern und Kindern und schließlich die vier Kategorien von Lerntypen, die nicht nur den Stoff ganz unterschiedlich verarbeiten, sondern auch den Schulalltag ganz verschieden empfinden und durchleben.
Lehramtsstudenten versuchen in ihren Seminaren über Jahre herauszufinden, wie sich bei Kindern und Jugendlichen die Lust am Lernen steigern lässt, um schließlich im Berufsleben festzustellen, dass das Unterrichten noch viel komplexer ist, als es in den Lehrbüchern beschrieben wird. Lernpädagogisch interessierte Eltern sind im Zeitalter moderner Medien und eines breiten Angebots an Ratgeberliteratur den Vorgängen rund um den Lernbetrieb Schule mit seinen unterschiedlichen Anforderungen nicht mehr hilflos ausgeliefert. Wer sich von den Ausführungen an einem Vortragsabend zwar gut unterhalten, aber ziemlich erschlagen fühlt, der kann alles noch einmal in Ruhe nachlesen. Stübener hat zu diesem Zwecke eine Internetpräsentation ihres Vortrags ins Netz gestellt, der den Eltern mit einem Passwort zugänglich ist.
Moderne Erkenntnisse aus der Lernpsychologie, wie zum Beispiel die Bedeutung und verschiedenen Facetten strukturierten Lernens oder die Aktivierung von Vorwissen für die Anknüpfung neuer Lerninhalte, Wiederholungsrituale zur Festigung des Lernstoffs oder die Nutzung der modernen Medien. Hierzu lassen sich effektive Lerntechniken schnell herausfinden und trainieren. Beweglichkeit im Geist, körperliches und geistiges Gleichgewicht sowie Lebensfreude möchte Stübener für ihre Schüler erreichen.
„Ein Thema, das einen Nerv trifft und viele Eltern anspricht“, zog Schulelternbeiratsvorsitzende Katrin Koller ein positives Resümee des Abends. Auch Schulleiter Christian Thoma freute sich über die positive Resonanz und die gut besuchte Veranstaltung in der Schulaula. Beide fanden lobende Worte für die kurzweilige und umfassende Präsentation rund ums Thema „Lernen lernen“.
J. Vesper