Otto Schmidt spricht mehrere Sprachen, arbeitete über 40 Jahre lang bei der Deutschen Bahn und erfreut sich mit seinen 88 Jahren noch bester Gesundheit. Dass er als 12-Jähriger seine Heimat, die Ukraine, verlassen musste, hat scheinbar kaum Spuren hinterlassen. Bernhard Weber und Thomas Unterhuber, beide Schüler der Klasse 9 d, haben ihn im Rahmen ihrer Projektarbeit interviewt und vorgestellt.
Die Ukraine war neben Weißrussland und dem Baltikum einer der Hauptkriegsschauplätze des Zweiten Weltkrieges, wovon Millionen von Toten und verwüstete Landstriche Zeugnis geben. Der Widerstand in der Ukraine richtete sich während des Zweiten Weltkrieges, gegen Polen, Kommunisten bzw. die Rote Armee und die Deutschen.
Wenn die sowjetische Herrschaft anfangs von der ukrainischen Bevölkerung als Verbesserung wahrgenommen wurde, so änderte sich dies im Laufe des Jahres 1940. Es gab eine Kollektivierung der Landwirtschaft, die auf wenig Gegenliebe bei den Bauern stieß, Widerstand keimte auf. Weitere sowjetische Aktionen waren Verbote ukrainischer Organisationen, zahlreiche Deportationen, die schätzungsweise zwischen 125.000 und 150.000 Menschen betrafen, sowie Massenerschießungen. Dies schürte den Hass sowie den Widerstandswillen weiterhin.
Bis Ende 1939 entschlossen sich circa 30.000 Ukrainer, die antisowjetisch eingestellt waren, zur Flucht in die von den Deutschen besetzten Gebiete. In den übrigen Teilen des Landes wurde von Seiten der ukrainischen Bevölkerung, auch aufgrund des Bürgerkriegs und des darauf folgenden stalinistischen Terrors, eine Besserung der Situation sowie der Befreiung von der sowjetischen Herrschaft bzw. der polnischen Bevormundung erhofft. Dadurch gab es eine grundlegende Sympathie gegenüber dem Deutschen Reich.
Otto Schmidt musste seine Heimat verlassen, da war er gerade 12 Jahre alt. Im Oktober 1940 begann seine Odyssee. Auf seinem Weg durch verschiedene Länder war er immer wieder neuen Situationen und großen Gefahren ausgesetzt. Im polnischen Zator wurde der Familie ein Haus aus enteignetem Besitz zugeteilt, nachdem er ein Jahr zuvor von Waffenoffizieren der SS in Empfang genommen wurde.
Mit Beginn des letzten Kriegsjahres ging es weiter. Ziel war jetzt die österreichische Landeshauptstadt, in Troppau wurde Halt gemacht. Die Stadt war Hauptstadt im damaligen Österreichisch-Schlesien. Nur 100 Kilometer vom Konzentrationslager Ausschwitz entfernt übernachtete Otto Schmidt in einem Pferdestall. In der Wiener Neustadt musste er vor den Bommbenangriffen der Alliierten in einer Kirche Unterschlupf suchen. „Am 23. März 1945 sind wir in Kirchberg bei Simbach am Inn angekommen“, so Herr Schmidt. Bei Bauern habe man übernachtet. Besonders herzlich sei der Empfang durch die Bevölkerung nicht gewesen. Die habe den Flüchtlingen eher ablehnend gegenüber gestanden. Hier lernte der Eisenbahner jedenfalls seine spätere Frau Berta kennen
Anfang April 45 bin ich mit dem Zug von Simbach nach Tetschen-Bodenbach gefahren. Durch den Böhmerwald sind wir gefahren und in Leitmeritz haben wir die Grenze überschritten. Wir kamen nach Tagen über Cham nach Frontenhausen-Markhofen an. Durch eine berufliche Versetzung als Mitarbeiter der Bahn, wo ich beim internationalen Reisedienst eingesetzt wurde, kam ich 1955 nach Freilassing. Am 1. Mai 1988 ging er schließlich in den wohlverdienten Ruhestand und genießt nach 41 Berufsjahren seine Pension. Mittlerweile gehören nicht mehr Krautwickerl, die in seiner Heimat so beliebt waren, zu seinen Lieblingsspeisen, sondern Schweinsbraten und die Pizza beim Italiener.
J. Vesper