Auf der Fensterbank im Lehrerzimmer stehen drei Laptops nebeneinander. Sie wurden bereits in Betrieb gesetzt. Ihr Benutzer tüftelt derweil im PC-Raum der Lehrer an einem digitalen Problem. Es ist Herr Herold, der schon in Herrgottsfrüh an diesem kalten Wintertag im Schulhaus ist, um den Teilnehmern beim Homeschooling unter die Arme zu greifen.

Herr Herold hat alle Hände voll zu tun an diesem Schulvormittag, Der BWR-Lehrer gehört seit vielen Jahren zu den Lehrkräften, die lieber im Hintergrund arbeiten, das aber mit viel Effizienz. So bildet er gemeinsam mit Herrn Prechtl und Herrn Friedl das Systembetreuerteam unserer Schule. Außerdem hat er in den vergangenen Jahren unsere Berufsmesse „Marktplatz Zukunft“ zu einer schulischen Großveranstaltung gemacht. Und: Er findet Zeit für ein Gespräch.

Was sind Ihre Aufgaben als einer von drei Systembetreuern?
Herr Herold: Vorrangig habe ich anderen Lehrern bei technischen Problemen geholfen. Oder erklärt, wie man mit der Lernplattform Moodle arbeitet, verschiedene Accounts von Lehrern und Schülern angelegt, Passwörter zurückgesetzt oder Hilfe beim Erstellen von Accounts geleistet. Ansonsten habe ich mich um die Schüler-Leih-Geräte gekümmert und ältere PCs wieder in Gang gebracht.

Wie bewerten Sie die digitale Arbeit der Schule während der Pandemie?
Ich finde, wir machen alle einen sehr guten Job. Wenn ich uns mit anderen Schulen vergleiche, würde ich uns zum oberen Drittel zählen. So ist bei uns der Wechsel in den Distanzunterricht sehr gut gelaufen.

Wo gab es bisher die größten Probleme bei Schülern und Lehrern im Homeschooling?
Anfangs war die effiziente Nutzung von Moodle, der weltweit beliebtesten Lernplattform, für viele ein Problem. Hinzu kam die Handhabung verschiedenster Geräte wie Smartphone oder Tablet. Bei den Schülern - und ich denke auch mittlerweile bei vielen Lehrern - lässt die Motivation nach. Wir alle wollen wieder einen ganz normalen Unterricht, mit lebendigen Begegnungen, Lernfreude, Unterhaltung und Gemeinschaftserlebnissen. Das gilt vor allem für die Schüler, die schon so lange im Distanzunterricht sind.

Was hat richtig gut funktioniert beim Distanzunterricht?
Ich denke das Gesamtpaket hat gut funktioniert. Man kann die positiven Ergebnisse nicht an einer Ursache festmachen. Wenn ich mir ansehe, wie viele Lehrer sich verstärkt auf die digitale Arbeit eingelassen haben und immer wieder etwas Neues ausprobieren, finde ich das großartig.

Haben die Schüler das Angebot angenommen und für sich genutzt?
Teils teils. Es gibt Schüler, die haben auf alle Fälle das Beste aus den Möglichkeiten herausgeholt. Und nicht nur die von Haus aus Fleißigen. Leider verstecken sich auch viele hinter der „Anonymität“ des Distanzunterrichts. Man wird erst so richtig einschätzen können, wer größere Lücken hat, wenn man wieder über einen längeren Zeitraum im Präsenzunterricht ist.

Was läuft hinsichtlich des Sportunterrichts?
Sport ist momentan ein schwieriges Fach. Man versucht Schülern mit auf den Weg zu geben: bewegt euch! Das leidige Thema Noten ist natürlich noch schwieriger. Aber ich denke jeder Lehrer findet dafür eine Lösung.

Glauben Sie, dass bei den Schülern das Jahr über große Wissenslücken im Fach BWR entstanden sind.
Ich befürchte ja. Am Anfang war die Motivation bei den meisten noch da. Sie lässt aber immer mehr nach. Die ganze Situation dauert schon viel zu lange um sie noch zu retten. Da werden sich bei einigen Defizite herauskristallisieren. BwR ist ein Fach, für das man viel üben muss. Am besten mit allen zusammen, um zu sehen, wo die Fehler liegen. Leistungsnachweise sind sehr wichtig, um festzustellen, wo die Schüler ihre Schwachstellen haben. Sie brauchen die Rückmeldung. Ich konnte in meiner Klasse in diesem Schuljahr noch nicht eine Schulaufgabe schreiben.

Die Berufsmesse musste auch in diesem Jahr ausfallen. Hat sie den Schülern sehr gefehlt?
Ich denke schon. Doch ich glaube auch, dass dies der Berufsfindung und Bewerbung nicht sonderlich geschadet hat. In unserer Region wird viel in das Thema „Ausbildung“ investiert. Die Ausbildungssituation ist vergleichsweise stabil, hat eine große Lobby und ist für die Jugendlichen überschaubar und leicht zugänglich.

Konnte die Schule in diesem Jahr den Schülern überhaupt bei der Berufsvorbereitung helfen?
Wir haben versucht unser Bestmögliches zu tun und einen öffentlichen Moodle Kurs auf unserer eigenen Plattform erstellt, wo eine Sammlung von Links zu den Ausbildungsbetrieben aus der Region, welche auch an der Berufsmesse teilgenommen hätten, zu finden ist.

Können die jungen Leute trotz Corona optimistisch nach vorne schauen?
Ausbildungstechnisch auf alle Fälle. Fachkräfte werden nach wie vor gesucht. Und generell denke ich das auch. Man hätte mit etwas gezielteren politischen Maßnahmen die Dauer der schwierigen Zeit durchaus verkürzen können, aber wir sind, denke, ich auf dem Weg nach vorn.

Ist durch die Pandemie der Lehrer zum Einzelkämpfer geworden?
Ich finde eher, dass das Gegenteil der Fall ist. Man hilft sich im Moment regelmäßig gegenseitig und bittet bei Problemen jemanden öfter mal um Hilfe. Ich hoffe, das bleibt dann auch im normalen Schulbetrieb so. Was natürlich fehlt, sind gemeinsame Aktivitäten, auch nach der Schule, wie zum Beispiel der Lehrersport.

Können Sie sich vorstellen, dass es im Winter wieder eine Berufsmesse geben wird?
Ganz einfache Antwort: Wenn die Impfungen weiter so schleppend vorangehen: nein. Aber ich lasse mich überraschen, was noch passiert. Ich hoffe natürlich, dass schon ab dem Sommer wieder alles normal sein wird. Das ist nicht auszuschließen.

Johannes Vesper