Es liegt gar nicht so lange zurück, da starteten vereinzelte Schulen hierzulande den Versuch, Tablets in den Unterricht zu integrieren. In vielen Ländern sind diese bereits fester Bestandteil des Schulalltags. Zu den Schulen, die seit einigen Jahren den herkömmlichen Unterricht durch Notebooks und iPads stützen, gehört die Realschule im Rupertiwinkel.

Deutschland steht mit dem Thema „iPads in Schulen“ noch ziemlich am Anfang. In keinem anderen Industrieland kommen Computer im Unterricht so selten zum Einsatz wie bei uns. Was in den Niederlanden längst Standard ist, bahnt sich bei uns auf steinigen Pfaden mühsam den Weg in die Schulhäuser. Als erstes Bundesland wird das Saarland ab dem nächsten Jahr gedruckte Schulbücher flächendeckend abschaffen. Jeder Schüler, jede Schülerin bekommt ein Tablet, jenen multimedialen „Notizblock“, der helfen soll, die Effizienz der Lernarbeit zu steigern.

Im Chemiesaal der Realschule haben sich Schülerinnen und Schüler einer neunten Jahrgangsklasse mit ihren Tablets zum Chemieunterricht ihrer Lehrkraft, Frau Schmidbauer, eingefunden. Chemische Reaktionen stehen auf dem Lehrplan: im Mittelpunkt ein Versuch auf „energietechnischem Niveau“ mit den Ausgangsstoffen Sauerstoff und Wasserstoff. Der zugeführte Gleichstrom ist der Energiebetrag, der nötig ist, um die Reaktion zu starten. Kein Buch, keine Stifte, kein Heft.

Exoenergetische Energie, energiereiche Edukte, endoenergetische Reaktion, das Wissen zum Thema „Energie“ hat auch bei den Schülerinnen und Schülern Hochkonjunktur. Lernergebnisse werden von ihnen in einer selbst angelegten Inhaltsbibliothek „tabletarisch“ festgehalten. „Überall ist der Stoff abrufbar: für Mitschüler, die nicht teilnehmen können, für Eltern, die sich einen Überblick verschaffen wollen und natürlich zur Vorbereitung der nächsten Unterrichtsstunde“, so Sebastian Fial, Tablet-Beauftragter im Schulhaus.

Schüler können Tafelbilder abfotografieren, spannende Laborexperimente filmen und sich zur Verbesserung ihrer Fremdsprachenkenntnisse internationale Podcasts anhören. „Nicht zu vergessen ist, dass die Kinder und Jugendlichen all das mit der Klasse teilen können,“ so der Biologie- und Erdkundelehrer. Die regelmäßige Arbeit mit iPad und Internet verbessere außerdem die Medien- und Recherchekompetenz der Lernenden. Zudem bereite sie die Jugendlichen hervorragend auf ihren künftigen Berufsalltag vor, so Fial.

Wer schon mal einen Ranzen am Tag der Bücherausgabe heben musste, weiß, warum der Tablet-Unterricht eine gute Idee ist. Auch jenseits des geringen Gewichts haben digitale Schulbücher enorme Vorteile: Schüler und Schülerinnen können Texte durchsuchen und Stellen markieren. Noch mehr Bedeutung erlangen sie, wenn die Texte mit Videos, Spielen, interaktiven Übungen oder Experimenten gekoppelt werden.
Außerdem werden gedruckte Schulbücher, die oft jahrzehntelang von Schüler zu Schülerin weitergereicht werden, nicht nur an den Ecken ranzig. Sie sind auch inhaltlich den klassischen Alterungsprozessen unterworfen. Im Geschichtsbuch wurde eine rassistische Formulierung übersehen, im Chemiebuch hat sich die Wissenschaft überholt, im Geographiebuch stehen Grenzen, die sich längst verschoben haben.

Aber der Tabletunterricht kennt auch Nachteile. „Die Ablenkung durch Social Media und Gaming-Apps ist eine Schwachstelle!“, so Fial. „Du brauchst viel Disziplin, insbesondere als Teenager, um während des Unterrichts nicht auf die Apps zu gehen.

Und welcher digitale Besucher wird als Nächstes an die bundesdeutschen Schulpforten klopfen? Mit großer Wahrscheinlichkeit ChatGPT. Das Besondere: ChatGPT kann im Gegensatz zu anderen Sprachassistenten wie Siri und Alexa sehr komplexe Aufgaben erledigen, zum Beispiel einen Deutsch-Aufsatz verfassen oder Mathe-Übungen lösen. Die künstliche Intelligenz ChatGTP schreibt auf Kommando jeden denkbaren Text.

Johannes Vesper