„Wenn ich keinen Zug sehe, dann ist das überhaupt nicht gefährlich über die Gleise zu gehen. Ich schau ja.“ Solche Aussagen hört Michaela Hofmeister von der Bundespolizeiinspektion Freilassing häufig, wenn Kinder und Jugendliche im Gleisbereich angetroffen und befragt werden. Ihnen ist selten bewusst, welcher Gefahr sie sich aussetzen, wenn sie die Gleise an ungesicherten Stellen überqueren. Für ein kurzes Video auf "weiterlesen" klicken.

Erwachsene sind kein Vorbild, denn auch sie nutzen Trampelpfade als Abkürzung. Fahrradfahrer schlüpfen unter geschlossenen Schranken hindurch oder schieben ihr Rad kurzerhand ebenfalls da über die Gleise, wo es gerade passend erscheint. Wer seinen Kopf nur Richtung Handy beugt, ohne seine Umgebung wahrzunehmen, gerät im Gleisbereich ebenfalls schnell in Gefahr, denn die Sogwirkung eines vorbeirauschenden Zuges ist nicht zu unterschätzen.
„Wer einmal erlebt hat, wie lange es dauert, bis ein Zug zum Stehen kommt, wird künftig vorsichtiger sein“, hofft BRB-Geschäftsführer Arnulf Schuchmann. Nach einer ganzen Reihe von Beinahe-Unfällen mit Fahrradfahrenden und zu Fuß Gehenden und zwei Todesfällen in den vergangenen zwei Jahren ergriff er die Initiative für einen Aktionstag im Berchtesgadener Land: Zug hat Vorfahrt. „Wir wollen nicht tatenlos zuschauen, wie Menschen aus purem Leichtsinn verletzt oder gar getötet werden. Es muss sich etwas ändern und dazu soll dieser Aktionstag am Bahnhalt Ainring mit unseren Partnern beitragen.“
Der Bremsweg eines Zuges kann bis zu einem Kilometer betragen, je nach Geschwindigkeit, Länge und damit Gewicht des Zuges und Witterung. In Ainring waren es unter optimalen Bedingungen „nur“ wenige hundert Meter, aber deutlich mehr als bei einem Auto. Das erlebten Schülerinnen und Schüler der Klasse 6b der „Realschule im Rupertiwinkel“ mit ihrem Lehrer Christian Daxl live bei der Schnellbremsung eines BRB-Zuges. Der Sand staubte, das durchdringende Pfeifen des Makrophons war weithin zu hören. Gut, dass alle wussten, dass es nur eine Vorführung war und nichts passiert ist. Der Sand, der am Fahrzeug vor die Räder gesprüht wird, soll übrigens die Reibung vergrößern, damit der Zug schneller steht. Denn die Auflagefläche zwischen Rad und Gleisoberfläche ist nicht größer als ein Fingernagel, es ist also kaum Reibungswiderstand vorhanden.
Gemeinsam Aufklärungsarbeit zu leisten war das Ziel von DB Sicherheit, Bundespolizei, ADAC Südbayern und BRB in Ainring, damit weniger Unfälle und Beinahe-Unfälle passieren. Das ist auch der Wunsch der Triebfahrzeugführenden, die Tag für Tag unterwegs sind. Einer von ihnen ist Markus Köfler, der auch als Praxisvermittler bei der BRB arbeitet. Er konnte von einer ganzen Reihe von Schrecksekunden berichten, in denen er einen Zusammenstoß befürchtete, einen Unfall gerade noch vermeiden konnte. Doch dabei blieb es leider für ihn nicht. Man merkt ihm bis heute die Betroffenheit an, wenn er von tödlichen Unfällen erzählt: „Das vergisst man nie und man braucht viel Zeit, um solche Unfälle zu verarbeiten. Unachtsamkeit oder Zeitdruck sind sehr schlechte Berater, wenn man sich in Gleisnähe bewegt.“
Rüdiger Lode, Vorstand für Verkehr, Umwelt und Fahrzeugtechnik des ADAC Südbayern, betonte ebenfalls den Sicherheitsaspekt: „Alle Verkehrsteilnehmer, gerade auch Kinder und Jugendliche, sollten ausschließlich Unter- oder Überführungen und Bahnübergänge nutzen und die dabei geltenden Regeln kennen. Nur so können gefährliche Situationen vermieden und Leben gerettet werden. Es liegt an der Eigenverantwortung eines jeden Einzelnen.“ Für Thore Riesterer, Leiter Einsatzabschnitt bei DB Sicherheit, ist „Prävention der erfolgreiche Vorausweg und Risikomanagement zur Gefahrenminimierung“. Alle Partner waren sich einig, dass kontinuierliche Aufklärungsarbeit nötig ist, um die Zahl der Unfälle zu verringern und Menschenleben zu schützen.

 

BRB